ISBN 978-3-86841-16-7
249 Seiten
16 €


Abel Paz

Abel Paz
Im Nebel der Niederlage
Vertreibung und Flucht
Eine Biographie (1939-1942)

„Die Revolution in Spanien hatte 32 Monate gedauert und hätte ein ehrenhafteres Ende verdient, doch die stalinistische Intervention führte ihn in die Sackgasse, in der wir am Ende des Krieges steckten. Und einen Krieg, der so katastrophal beendet wurde, musste natürlich Spuren unter den zwangsweise Verbündeten in der Volksfront hinterlassen. Was in diesem März 1939 geschah, war ein greifbarer Beweis der ideologischen Konflikte im Spanischen Bürgerkrieg: Anarchismus gegen Marxismus. Doch in diesem ganzen Konflikt gab es eine halbe Million Exilanten, die keine andere Matratze als die Erde und kein anderes Dach als die Sterne über der französischen Küste hatten. Die große Masse der Exilanten schmachtete ihrem Schicksal überlassen in den Lagern. “

Band 1: Feigenkakteen und Skorpione (1921 -1936)
Band 2: Anarchist mit Don Quichottes Idealen (1936-1939)
Band 4: Am Fuß der Mauer (1942 - 1954)

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Rezension

Helge Döhring: Im Nebel der Niederlage, erschienen in Gegenwind, Nr. 252/September 2009
Beim Verlag Edition AV ist jüngst der dritte Teil der Biographie des Spanienkämpfers Abel Paz erschienen. Offen kämpfte das spanische Proletariat gegen die Faschisten, denn es erhob sich würdevoll und ließ sich nicht beschwichtigen gegen diesen Todfeind. Daraus entstand das beeindruckendste Kapitel der bekannten Menschheitsgeschichte: Die spanische Revolution von 1936. Der Autor Abel Paz nahm als Jugendlicher in Barcelona an ihr teil und erzählte in seinen ersten beiden Bänden vor den anschaulich dargestellten Hintergründen sein Wirken in dieser Zeit.

Flucht

Anfang 1939 mußten die Kämpfer jedoch ihre Sachen packen, und vor den vorrückenden Faschisten weichen, wollten sie nicht gleich in den Untergrund gehen oder sich ihnen ausliefern. So strömten hunderttausende Spanier an die französische Grenze. Dort erwartete sie zumeist die Internierung in Lager unter menschenunwürdigen Bedingungen, Nahrungsmangel, desolaten hygienischen Verhältnissen und mangelnden Perspektiven. Kaum jemand hatte ein Interesse an ihnen, den einzigen, die gegen den Faschismus in Europa wirklich aufgestanden sind und gekämpft hatten! Abel Paz landete nicht sofort in einem Internierungslager, sondern versuchte, sich zusammen mit Freunden in Frankreich anderweitig durchzuschlagen, von Ort zu Ort mit je unterschiedlichen Bedingungen, jedoch nur kurzen Aufenthalten. Dann ging es weiter zum nächsten Unterschlupf. Wurde er von der französischen Polizei gefangen, gelang ihm die Flucht.

Die Internierungslager

So ging es, dank vielfacher gelebter Solidarität von Genossen und anderen Menschen, einige Monate, bis er schließlich doch in mehrere Internierungslager gesteckt wurde: „Glücklicherweise war die Solidarität kein Mythos, sondern greifbare Wirklichkeit. (…) Wir lebten alle noch mit den Werten, die wir im Schützengraben und auf den Barrikaden verteidigt hatten, als wir für eine bessere Welt kämpften.“ Nicht außer Acht lässt Paz dabei die Arbeitseinsätze, die Ausbeutung der spanischen Flüchtlinge durch Kapitalinteressen und das schlechte Betragen der französischen Staatsorgane. Zu jeder Zeit setzten sich die Gefangenen zur Wehr, denn Widerstand fängt im Kleinen an und ist immer möglich, angefangen bei gegenseitiger Hilfe. Hierauf liegt die Hauptbetonung des Buches, bewiesen gerade in solchen besonders schweren Zeiten. Die Lager beispielsweise seien nämlich, abgesehen von den horrenden Bedingungen, auch Zentren des solidarischen „menschlichen Zusammenlebens, des Lernens, der Erfahrung, des sozialen Zusammenlebens ohne Autorität und ohne Strafgesetze [gewesen] (…) Die Gemeinschaftserfahrung der französischen Konzentrationslager liefert den Anthropologen Fakten zur Untersuchung von Gesellschaften ohne Autorität und Staat“, so empfand es der Autor. In seinen Schilderungen lässt er nie die politischen Dimensionen außer acht. So beschreibt er auch die politischen Kräfteverhältnisse, beispielsweise in den Internierungslagern Argelés-sur-Mer und Barcarés. Die Anarcho-Syndikalisten versuchten, Exilorganisationen aus der einstigen CNT aufzubauen, sich unter den widrigen Bedingungen und illegal zu reorganisieren. Mit den moskauhörigen kommunistischen Organisationen hatten sie „noch  eine Rechnung offen“. Warum, das beschreibt Paz auch in diesem dritten Band seiner Biographie anschaulich.

Erneute Flucht

Als Internierte dennoch mit wenig Perspektive versehen, marschierten schließlich 1940 deutsche Soldaten in Frankreich ein, im Schlepptau die Nazibehörden, welche versuchten, die anarchistischen Spanienkämpfer aufzuspüren, um sie an Franco auszuliefern. Die Kommunisten dagegen hofften, wegen des Hitler-Stalin-Paktes, heile aus der Sache herauszukommen und machten bei den Nazis lieb Kind – ein Trugschluß, wie sich herausstellte. Die Nordhälfte Frankreichs wurde besetzt, und so flüchtete auch Abel Paz gen Süden von Station zu Station. Mitstreiter wurden verhaftet und ermordet, andere Bekannte traf er in diesen Wirren erst wieder. Er selber sollte schon nach Spanien ausgewiesen werden, als ihm noch die Flucht gelang. Abel Paz war jung, hatte dennoch reichlich Erfahrung während der spanischen Revolution gesammelt, sah wie viele andere in dieser bedrückenden Situation kaum einen Ausweg und war zudem nicht gewillt, den ganzen Dreck einfach zu schlucken: „Entweder wir ergaben uns den Deutschen, oder wir kämpften in einer Guerilla gegen sie, oder wir gingen in Windeseile nach Spanien zurück. Uns erwartete auf alle Fälle der Kampf.“
So sammelten sich im Jahre 1942 einige junge Genossen, um wieder nach Spanien zurückzugehen und den Kampf gegen die Franco-Faschisten erneut aufzunehmen.

Sein feuriges Herz hat Abel Paz nie verloren, außer als internierter Zwangsarbeiter - an eine junge Dame, ein Zusammensein, das indes nicht lange halten sollte.


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